Während Wasserfall- und Agile Projekte durchaus ähnliche oder sogar überschneidende Projektaktivitäten aufweisen, ist der kulturelle Unterschied sehr gross.

Im Unterschied vom klassischen Projektmanagement, wo der Projektleiter Aktivitäten an Teammitglieder zuweist, diese autorisiert und nach Erfüllung prüft, existiert im agilen Projekt niemanden der explizite Anweisungen erteilt. Das Team organisiert sich selber und jeder sieht sich dem Team gegenüber verpflichtet, das zu tun was nötig ist um den Erfolg zu gewährleisten. Das ist ein völlig anderer Ansatz und eben auch der grosse Vorteil (oder Nachteil wenn das Team nicht stimmt).

Nicht jeder Projektmitarbeiter kommt mit dem agilen Ansatz zurecht. Ein Team Mitglied in einem agilen Projekt muss in erster Linie Teamfähig sein, das heisst seine Bedürfnisse dem Erfolg der Gruppe unterzustellen. Sehr extrovertierte Menschen haben dabei aus meiner Erfahrung mehr Mühe als introvertierte, da tendieren sich zu stark in den Mittelpunkt zu stellen und andere nicht mehr zu Wort kommen lassen.

Für introvertierte Persönlichkeiten ist es am Anfang auch nicht einfach, da sie sich nicht gerne mit anderen austauschen, aber je länger das Projekt andauert umso grösser wird auch das Vertrauen gegenüber dem Team und die Mitarbeiter beginnen sich zu öffnen.
Ebenso ist es sehr schwierig für Menschen, die aus hierarchisch orientierten Kulturen kommen, sich in ein agiles Team einzubringen, weil bei Ihnen der Arbeitsprozess geprägt ist aus Auftragserteilung und Auftragsempfangen. Auch Klassendenken, wie es in Monarchie oder Kasten-Kulturen vorkommt, sind dem Team-Gedanken nicht gerade förderlich. Das hat umso grössere Bedeutung, je globaler die Projektteams aufgesetzt sind.

  • Was bedeutet nun Teamfähig sein? Folgende Punkte (nicht abschliessend) sind hierbei wichtig
  • Die grundlegende Gruppendemokratie anzuerkennen
  • Bereit zu sein, sich in angemessenem Umfang in eine Gruppe einzuordnen
  • Gemeinsam aufgabenorientiert zu handeln und sich für die gemeinsame Sache einzusetzen
  • Den Willen zu haben, sich mit anderen auszutauschen
  • Den eigenen Standpunkt zugunsten von Kompromissen verlassen zu können
  • Andere Mitglieder und deren Meinungen gelten lassen zu können, ohne die Gruppe ständig dominieren zu wollen
  • Verschiedenen Menschentypen und Rollen in Gruppen zu akzeptieren
  • In Konflikten gemeinsam auf eine konstruktive Lösung hinzuarbeiten

Teamfähigkeit bedeutet jedoch nicht

  • Vollständige Unterordnung
  • Verlust der eigenen Identität oder Persönlichkeit

Neben der Teamfähigkeit der Mitarbeiter als sehr wichtigen Faktor für eine erfolgreiches, agiles Projekt kommen weitere, komplexe und nicht einfach zu messende Komponenten hinzu; die Sozial Kompetenz und Intelligenz Typ.
Das untenstehende Diagramm zeigt wie diese zwei Faktoren für die Agilität eines Teams bedeuten

project phychology de

 

 Kristalline versus Fluide Intelligenz

Fluide Intelligenz beinhaltet die Fähigkeiten der Problemlösung, Mustererkennung und Lernen. Jemand mit fluider Intelligenz löst unter anderem gerne Geduldsspiele.

Die kristalline Intelligenz korreliert dagegen mit den Fähigkeiten, die von Wissen und Erfahrung abhängen. Dazu gehören beispielsweise Vokabelwissen, generelle Informationen und Analogien.

Es gibt verschiedene Tests, die die Fluide/Kristalline Intelligenz messen können, wie zum Beispiel

  • Der Cattell Culture Fair IQ Test
  • Oder den Raven Progressive Matrices (RPM), welcher einer der meist verwendeten Messungen der fluiden Fähigkeiten darstellt. Er ist ein nonverbaler Multiple-Choice-Test.

Die fluide Intelligenz hat, ebenso wie die Reaktionszeit, einen Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter und verringert sich dann kontinuierlich. Möglicherweise hängt diese Verringerung mit dem lokalen Verkümmern des rechten Kleinhirns zusammen.

Auch einen Mangel an Übung, der mit den altersbezogenen Veränderungen des Gehirns einhergeht, könnte eine der Ursachen sein. Die kristalline Intelligenz steigert sich graduell und bleibt dann relativ stabil während des Lebens. Erst mit 65 scheint sie sich wieder zu verringern. Das Arbeitsgedächtnis ist ebenfalls eng an die fluide Intelligenz gebunden.

Dies mögen einige der Hautgründe sein, dass agile Teams in der Regel eher aus jüngeren Projekt Mitgliedern bestehen, währen die älteren sich in Wasserfall Projekten wohler fühlen.

Sozialkompetenz

Der Begriff „Soziale Kompetenz“ wird in Unternehmen häufig synonym mit den sogenannten Soft Skills verwendet. Allerdings greift der Begriff der sozialen Kompetenz viel weiter und umfasst beispielsweise auch Kritikfähigkeit und andere Persönlichkeitsmerkmale wie Belastbarkeit, Frustrationstoleranz, etc.

Die Sozialkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation für das Management und beschreibt in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, 'Teamgeist' und Motivation in die Zusammenarbeit mit anderen (Kollegen, Kunden, Vorgesetzten, Mitarbeitern) einzubringen und für gemeinsame Ziele zu nutzen.

Im Zusammenhang mit Projekten bedeutet dies vor allem dass man gut mit anderen Menschen aus anderen Fachkreisen oder Kulturen umgehen kann. Dies ist besonders für komplexe und/oder globale Projekte wichtig. Für die Sozialkompetenz gibt es keine eindeutige Testverfahren, weshalb hier die Erfahrung und der „gesunde Menschenverstand“ des Managers von grösster Bedeutung sind.

Auf Projektebene ergeben sich durch die zwei Faktoren Intelligenz Typ und Sozialkomponenten folgende Kombinationen

  • Für Routine-Projekte innerhalb des Fachbereichs (beispielsweise Life-Cycle Projekte) sind die Anforderungen an die soziale Kompetenz eher gering, da man mit dem eigenen Team zusammenarbeitet und der Projektumfang und Technologie klar definiert sind, so dass man auf den bereits gemachten Erfahrungen aufbauen und diese anwenden kann. Die meisten dieser Projekte werden als Wasser-Fall Projekte durchgeführt (siehe auch Stacey Matrix).
  • Im Innovationsbereich wird beschränkt man sich meistens auf das eigene Fachgebiet, will aber etwas verbessern oder anders machen, weshalb ein höherer Grad an fluider Intelligenz im Projekt angebracht ist. Diese Projekte werden mehr und mehr agil ausgeführt.
  • Bei bereichsübergreifenden Projekten steigen die Anforderungen an die Sozialkompetenz, da verschiedene Gruppen aus der Organisation mitarbeiten. Das führt dazu dass auch der Projektumfang nicht immer gut abgestimmt werden kann, weshalb diese Projekte auch als komplex eingestuft werden. Auch hier sind agile Projektmethoden oft vorteilhaft.
  • Für interdisziplinäre Projekte mit hoher Neuartigkeit braucht man um erfolgreich zu sein sogenannte Pioniere, also Team Mitglieder mit einem grossen Bedürfnis mit anderen zusammenzuarbeiten und ein Ziel zu verfolgen gepaart mit einem Streben neues Wissen zu erarbeiten und zu entdecken. Solche Projekte sind naturgemäss sehr agil.

Die Psychologie in Projekten ist zurzeit noch nicht sehr weit erforscht. Für das Portfolio Management sind solche Faktoren jedoch hochinteressant, da für ein bestimmtes Projekt ein richtig zusammengesetztes Team das Risiko und somit die Projektkosten senken kann, was natürlich wiederum den Projektnutzen erhöht.

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